Würdigung der Arbeit von Mihály Csikszentimihályi, der "Entdecker" des Flow, aus der Perspektive der Montessori-Pädagogik
Mihály Csikszentimihályi (29.09.1934 – 20.10.2021), war Professor für Psychologie an der Universität von Chicago, beobachtete in den frühen sechziger Jahren mit großer Faszination eine Gruppe von Künstlern, die mit großer Hingabe ihrer jeweiligen Arbeit nachgingen, ohne dabei einen Gedanken an Geld oder Erfolg zu verschwenden. Sie gingen in ihrem Schaffen auf, nichts konnte sie ablenken und die Welt um sie herum verschwand. Tief aus dem Inneren ihres Seins wurden sie dabei motiviert – so schien es.
Dieses Phänomen der absorbierten Aufmerksamkeit und Selbstvergessenheit nannte Mihály Csikszentimihályi „Flow“ und beschrieb es mit annähernd den gleichen Worten wie Maria Montessori die „Polarisation der Aufmerksamkeit“.
Dabei treten Aspekte der außerordentlichen Konzentration, die Harmonie im Selbst, verknüpft mit einer Freude im Tätigsein und die damit verbundene Stärkung des Selbst in Erscheinung. Eine optimale Herausforderung an das Können und Wissen eines Menschen und seine Absorption durch diese Aufgaben bestimmen dabei den „Flow“.
„Deine Konzentration ist vollständig. Deine Gedanken wandern nicht herum. Du denkst an nichts anderes: Du bist total in Deinem Tun absorbiert … Deine Energie fließt sehr leicht. Du fühlst dich entspannt, angenehm und energievoll.“, so nachzulesen in den Ausführungen von Csikszentimihályi in dem Buch „Das Flow-Erlebnis - Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen. Stuttgart 1991, 3. Auflage.
Auch bei Maria Montessori war der Ausgangspunkt die Beobachtung. Sie beobachtete im Kinderhaus in San Lorenzo ein dreijähriges Mädchen, welches mit den Einsatzzylindern tätig war. In der Literatur stoßen Leser:innen immer wieder auf dieses Erlebnis, dass das Kind unzählige Male sein Tun wiederholt und die Zylinder in die entsprechenden Öffnungen einsetzt. Eine Schlüsselbeobachtung für Maria Montessori, denn das Kind zeigte dabei große Freude, wirkte glücklich, entspannt und zufrieden.
Maria Montessori sah darin eine außerordentlich intensive Auseinandersetzung mit hoher Konzentration im kindlichen Tun, die letztendlich Auswirkungen im Inneren des Kindes erzeugten.
Dieses Phänomen der „Polarisation der Aufmerksamkeit“ beobachtete Maria Montessori mehrfach. Auch, dass die Kinder nach dieser Art von Polarisation sich freudig anderen Menschen zuwandten und mit ihnen in den Austausch gingen.
Beide – Maria Montessori und Mihály Csikszentimihályi stellten die Frage, wie dieses Phänomen entsteht, ob es sich wiederholt und welche Gegebenheiten dafür vorhanden sein müssen.
Maria Montessori richtete dies Fragestellungen ausgerichtet auf das Kind.
Sie betonte dabei: „Man hat es mit visuellen Hilfsmitteln versucht, hat Filme eingeführt, um die Aufmerksamkeit der Kinder zu fesseln, aber visuelle Hilfen konnten dieses Phänomen der Konzentration nicht hervorbringen. Durch bloßes Hinschauen ereignet sich nichts…. Aktivität allein kann dieses Phänomen erzeugen. Die Aktivität, die durch die Hand unter der Leitung der Intelligenz erfolgt, kann alle psychischen Energien fesseln. Bloßes Anschauen bringt dieses Phänomen nicht hervor."(Maria Montessori "Dem Leben helfen" Herder Verlag, 1992, S.108-109)
Literaturempfehlungen:
- Mihály & Isabella Csikszentimihályi „Die außergewöhnliche Erfahrung im Alltag – Die Psychologie des Flow-Erlebnisses“ Stuttgart, 1991
- Mihály Csikszentimihályi „Das Flow-Erlebnis – Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen.“ Stuttgart, 1991
- Mihály Csikszentimihályi: Artikel „Flow–Die sieben Elemente des Glücks“ in „Psychologie heute“ 1992-Heft 1