Maria Montessori Portrait lesend 1913

Montessori in der Diskussion

Einleitung

Wie bei einem so umfangreichen pädagogischen Werk und einer so langen Schaffenszeit zu erwarten, gibt es vielschichtige Diskussionen um Montessoris Auffassungen und Lebensweg.

Hierbei sind wir im deutschsprachigen Raum in der herausragenden Situation, durch die wissenschaftliche Gesamtausgabe in Maria Montessori Gesammelte Werke (Verlag Herder) die größte Transparenz weltweit zu ihrem Werk zu haben.

Prof. Harald Ludwig, Herausgeber der Maria Montessori Gesammelte Werke und die herausragende Autorität der heutigen Zeit zu ihrem Werk, schreibt zu dieser Diskussion einleitend in seinem Text "Kritik und Metakritik der Pädagogik Maria Montessoris" (A)Aus Block C: "Montessori-Pädagogik in der Diskussion", Grundgedanken der Montessori-Pädagogik.:

„Um die Pädagogik Maria Montessori gibt es seit ihren Anfängen eine lebhafte Diskussion. Sie hat begeisterte Anhänger gefunden, aber auch erbitterte Gegner. Indessen ist ein solches Schicksal den meisten großen Konzepten in der Pädagogik Geschichte widerfahren. Allerdings scheint bei Montessori diese Auseinandersetzung besonders intensiv und anhaltend zu sein, wofür es sicherlich eine Reihe von Gründen gibt, ...“

Ludwig geht dann auf die folgenden Hauptdiskussionspunkte im Einzelnen ein:

In einem zweiten Kapitel beschreibt er die "Grundregeln für eine wissenschaftliche Diskussion der Pädagogik Maria Montessoris" aus seiner Sicht, die sich aus der Komplexität ihres Werkes ableiten. Hierzu haben wir den Abschnitt "Standards hermeneutischer Arbeitsweise" unten veröffentlicht.(B)Dieser Text umfasst Abschnitt 2.1 aus Kapitel 2, "Grundregeln für eine wissenschaftliche Diskussion der Pädagogik Maria Montessoris" des unter "Quellenhinweise" aufgeführten Buches. Er enthält einen weiteren Abschnitt aus Unterkapitel 2.1, "Exkurs: Theorie und Praxis bei Montessori". In einer früheren Auflage des Buches, aus 2003, erscheint das Kapitel unter dem Titel "Die halbierte Montessori – Zur Wiederbelebung alter Montessori-Kritik in neuen Veröffentlichungen". In der neuen Auflage von 2022 sind die "Standards hermeneutischer Arbeitsweise" hinzugekommen; dafür entfielen einzelne Kommentierungen von damals aktueller Kritik. Ebenso veröffentlichen wir Unterkapitel 2.2 zur Weiterentwicklung der Pädagogik hier.

Redaktioneller Hinweis: Am Fuß dieser Seite ist, neben Fußnoten zu den Originaltexten und Quellenhinweisen, eine Kommentierung zu einzelnen Quellen und Passagen der Seite.

Ausgewählte Diskussionspunkte

Von Zeit zu Zeit ergänzen wir unsere Website, um auf Diskussionspunkte einzugehen, die über die Montessori-Pädagogik im engeren Sinne hinausgehen (C)Die letzten beiden Punkte beziehen sich auf Texte von Maria Montessori aus den Nachkriegsjahren; sie sind mit Pathos vorgetragene Beispiele für ihre tiefen Überzeugungen. Ihre Gesellschaftskritik ist noch heute relevant. (Wir freuen uns, mit Genehmigung des Verlags Herder diese Texte auf unserer Website zu veröffentlichen und somit einem breiteren Publikum bekannt machen zu können.):

Frühes Wirken als Medizinerin/Anthropologin: In Maria Montessoris früher Arbeit als Ärztin und Anthropologin zeigte sie großes Engagement für die Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, allerdings eingebettet in ein von Rassismus, Klassendenken und der Angst vor gesellschaftlicher Degeneration geprägtes kulturelles Umfeld. 

Im Buch Pädagogische Anthropologie reflektierte sie den wissenschaftlichen Diskurs ihrer Zeit unkritisch, nutzt aber ihre Beobachtungen und empirischen Daten, um die Notwendigkeit pädagogischer Innovationen zu untermauern. Montessori argumentierte überzeugend für die Kraft von Bildung und Erziehung in Form von vorbeugenden und heil- und sonderpädagogischen Maßnahmen. 

Ihre Nutzung wissenschaftliche Methoden und Messungen - nicht als Endzweck, sondern als Mittel zur Entwicklung effektiver Bildungs- und Erziehungsstrategien - stellte zeitlebens einen wesentlichen Aspekt ihres Wirkens dar. Ihre Arbeit spiegelt ein tiefes Verständnis dafür wider, wahre gesellschaftliche Veränderungen nur durch die Schaffung von Bildungsmöglichkeiten erreichen zu können.

"Montessori und Mussolini – ein Interview": Montessoris Ziel, nach dem ersten Weltkrieg die Montessori-Pädagogik als Staatspädagogik in ihrem Heimatland Italien einzuführen, ließ sich nur mit Unterstützung Mussolinis umsetzen, der 1922 an die Macht gekommen war. Hintergründe erläutert der Vorsitzende von Montessori Deutschland, Dr. Jörg Boysen, in einem Interview hier.

Inklusion:(D)Siehe auch unsere aktuelle Erklärung zur Inklusionsdebatte, im Kommentar unten verlinkt. Es wird Montessori manchmal vorgeworfen, sie hätte zeitweise dafür plädiert, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen getrennt zu beschulen von Kindern ohne Beeinträchtigungen, also gegen eine "Inklusion" gewesen sei. Inklusion setzt aber ein pädagogisches Konzept voraus, um Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichsten Begabungen und Fähigkeiten gemeinsam zu unterrichten - ein Begriff und ein Konzept, die es damals nicht gab.

Hierzu muss man wissen, dass um das Jahr 1900 Kinder mit Behinderungen in Italien gar nicht beschult wurden, mit entsprechenden lebenslangen Folgen für den Einzelnen und für die Gesellschaft. (E)Montessori weist in einem Text aus 1899 darauf hin, dass es zwar eine Grundschulpflicht gäbe, aber mit folgender gesetzlicher Einschränkung: „Der Schüler, der aus Böswilligkeit oder geistigem Ungenügen dem regulären Unterrichtsverlauf nicht folgen kann oder der durch seine Undiszipliniertheit die Ruhe der Klasse unverbesserlich stört, soll von der Schule verwiesen werden.“ Kinder – wie wir heute sagen würden – mit Behinderungen würden deshalb entweder gar nicht eingeschult oder aber regelmäßig aus der Schule ausgeschlossen werden. Sonderschulen gäbe es in Italien damals nicht. Quelle: s. unten.

Montessori forderte, dass sie überhaupt beschult werden, weil sehr wohl des Lernens fähig seien, aber unter den Bedingungen einer besonderen Pädagogik, dabei auf die Erfolge der französischen Ärzte Seguin und Itard verweisend. Tatsächlich gründete sie um diese Zeit ein heilpädagogisches Lehrerausbildungsinstitut (eines der Themen im neuen Spielfilm zu Montessori).

"Das Ministerium für menschliche Entwicklung" (Ministry of the Race): Wie Prof. Ludwig als Einleitung zu diesem Text schreibt, war Montessoris Anliegen, "für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bessere gesellschaftliche Bedingungen zu schaffen, um den kommenden Generationen ein höheres gesamtmenschliches Lebensniveau zu ermöglichen". Der Text wird immer wieder bemüht um nachzuweisen, dass Montessori - auch und sogar in späten Jahren - Eugenik-Anhängerin war, weshalb wir ihn hier kommentiert veröffentlichen. Aus unserer Sicht ist die Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar. (F)In einem Online-Beitrag bei News4teachers vom 19.02.2024 (Link: s. Kommentar F unten) kommentiert Prof. HeinerBarz u.a. ebenfalls die Kritik an diesem Text.

Vermeintliche Bewunderung für Mussolini und Hitler in 1949: Im Abschnitt "Organisierte Gesellschaft" aus dem 1949 erschienenen "Das kreative Kind", wo es um die Kohäsion einer Gesellschaft geht, erwähnt Montessori, dass auch Mussolini und Hitler dies geschafft hätten. Der Text wird von Kritikern bemüht, um eine Nähe zu den beiden Diktatoren nachzuweisen, dabei ist aus dem Kontext eindeutig erkennbar, dass sie dies als negatives Beispiel sieht und beide als "Dämonen" bezeichnet. Daher veröffentlichen und kommentieren wir den kompletten Text des Abschnitts hier.

Zur Einordnung dieser Kritikpunkte sei Prof. Volker Ladenthin zitiert (G)Die Reform der Pädagogik - Praktische Ideen und Hintergründe in systematischer Absicht. Band 2: ZurPädagogik Maria Montessoris. Volker Ladenthin. LIT Verlag 2023. S. 147 (kursiv im Original):

„Und vielleicht ist es wichtiger, die aktuelle Gestaltung und Ausgestaltung der Montessori-Pädagogik zu betrachten, um gegebenenfalls Kritik zu formulieren, als aus einer Situation politischer Gefahrenlosigkeit eine Vergangenheit unterkomplex zu rekonstruieren und sich selbst moralisch zum Richter zu erklären. Erfahrungen der Vergangenheit mögen sensibel machen für die Gegenwart; aber die Vergangenheit einer Person ist kein Geltungsgrund, um gegenwärtiges Handeln zu bewerten. Menschen sind lernfähig. Mit der Kritik der Ereignisse der Vergangenheit ist nicht die Beurteilung der Gegenwart geleistet. Nicht biografische oder unterstellte strategische Entscheidungen sollten Gegenstand pädagogischer Systematik sein, sondern Gegenstand der Kritik kann nur sein, ob ein pädagogisches System in sich schlüssig ist, sein Ziel erreicht und ethisch zu vertreten ist.“

Besonderheiten bei der Interpretation von Montessoris Werken

Beachtung hermeneutischer Standards bei der Erarbeitung der Auffassungen Montessoris (ProF. Harald Ludwig, 2022)

Zunächst ist es eine wissenschaftliche Grundregel, die gleichwohl nicht immer berücksichtigt wird, dass zur Erarbeitung der Auffassungen eines pädagogischen Autors die Standards hermeneutischer Arbeitsweise beachtet werden müssen. Einige seien hier kurz bewusst gemacht:

Ludwig geht hier in einem Exkurs kurz auf die ebenfalls umstrittene Frage ein, ob Montessori ihre Konzeption mehr von theoretischen Positionen her oder von ihren Erfahrungen in der Erziehungspraxis entwickelt hat.

fussnoten

[1] Die seit 2010 erscheinende deutsche Edition der Gesammelten Werke (=GW) Maria Montessoris in ca. 20 Bände im Verlag Herder, Freiburg i. Br., hat das Ziel, diese Quellenlage nicht nur für den deutschsprachigen Raum noch weiter zu verbessern. Bis 2022 sind insgesamt elf Bände der GW erschienen, davon die Bde. 2 und 6 wegen ihres großen Umfangs in zwei Teilbänden.

[2] Vgl. dazu die inzwischen vorliegende kritische italienische Ausgabe: Il metodo della Pedagogica Scientifica applicato all’educatione infantile nelle Case dei Bambini“, hg. von Opera Nazionale Montessori, Roma 2000, 846 S.  Siehe ferner GW 1: Die Entdeckung des Kindes, Freiburg 2010, 3. Aufl. 2015.

[3] Es zeugt von einer eher dogmatischen Einstellung, wenn etwa Birgitta Fuchs Montessori-Interpretationen anderer kurzerhand und ohne Begründung als „christlich-weltanschaulich motivierte Versuche“ abtut und nur für die eigene Auffassung und ihr entsprechende Interpretationen „eine sachliche und ideologiefreie Lektüre“ von Montessoris Schriften gelten lässt (Maria Montessori: Ein pädagogisches Porträt. Brigitta Fuchs. Beltz 2002).

[4] Vgl. z. B. die von Montessori gebilligte und in ihre Ausbildungskurse übernommene musik-künstlerische Praxis der Wiener Montessori-Schulen der Zwischenkriegszeit (Franz Hammerer: Die musikalische und bildnerische Erziehung in der Praxis der Wiener Montessori-Schulen der Zwischenkriegszeit. In: Ludwig, Harald/Fischer, Christian/Fischer, Reinhard & Klein-Landeck, Michael (Hg.) (2006): Musik – Kunst – Sprache. Möglichkeiten des persönlichen Ausdrucks in der Montessori-Pädagogik. LIT: Berlin 2006).

KommentierungHINWEISDiese mit Buchstaben gekennzeichneten Anmerkungen wurden von Montessori Deutschland eingefügt; sie sind nicht Teil des Quellentextes

[A] Der uns freundlicherweise zur Verfügung gestellte Text Kritik und Metakritik der Pädagogik Maria Montessoris von Prof. Harald Ludwig aus Grundgedanken der Montessori-Pädagogik ist auf diese und andere Seiten verteilt veröffentlicht, wie anhand der Gliederung mit Links dargestellt:

Einleitung

1. Hauptdiskussionspunkte im Hinblick auf die Pädagogik Maria Montessoris

2. Grundregeln für eine wissenschaftliche Diskussion der Pädagogik Maria Montessoris

2.1. Beachtung hermeneutischer Standards bei der Erarbeitung der Auffassungen Montessoris.

       Exkurs: Theorie und Praxis bei Montessori

2.2. Vermittlung der Erkenntnisse Montessoris mit dem Forschungsstand der Gegenwart als bleibende Aufgabe

[B] Dieser Text umfasst Abschnitt 2.1 aus Kapitel 2, "Grundregeln für eine wissenschaftliche Diskussion der Pädagogik Maria Montessoris" des unter "Quellenhinweise" aufgeführten Buches. Er enthält einen weiteren Abschnitt aus Unterkapitel 2.1, "Exkurs: Theorie und Praxis bei Montessori". In einer früheren Auflage des Buches, aus 2003, erscheint das Kapitel unter dem Titel "Die halbierte Montessori – Zur Wiederbelebung alter Montessori-Kritik in neuen Veröffentlichungen". In der neuen Auflage von 2022 sind die "Standards hermeneutischer Arbeitsweise" hinzugekommen; dafür entfielen einzelne Kommentierungen von damals aktueller Kritik.

[C] Die letzten beiden Punkte beziehen sich auf Texte von Maria Montessori aus den Nachkriegsjahren; sie sind mit Pathos vorgetragene Beispiele für ihre tiefen Überzeugungen. Ihre Gesellschaftskritik ist noch heute relevant. (Wir freuen uns, mit Genehmigung des Verlags Herder diese Texte auf unserer Website zu veröffentlichen und somit einem breiteren Publikum bekannt machen zu können.)

[D] Eine aktuelle Erklärung von Montessori Deutschland zur Inklusionsdebatte finden Sie hier.

[E] Montessori weist in einem Text aus 1899 darauf hin, dass es zwar eine Grundschulpflicht gäbe, aber mit folgender gesetzlicher Einschränkung: „Der Schüler, der aus Böswilligkeit oder geistigem Ungenügen dem regulären Unterrichtsverlauf nicht folgen kann oder der durch seine Undiszipliniertheit die Ruhe der Klasse unverbesserlich stört, soll von der Schule verwiesen werden.“ Kinder – wie wir heute sagen würden – mit Behinderungen würden deshalb entweder gar nicht eingeschult oder aber regelmäßig aus der Schule ausgeschlossen werden. Sonderschulen gäbe es in Italien damals nicht.

Maria Montessori, "Schulen der Erlösung“. Aus: Erziehung und Gesellschaft, Maria Montessori Gesammelte Werke, 2011 Verlag Herder, Hg. Harald Ludwig (ursprünglich ein Artikel aus der (angenommen) italienischen Zeitschrift Das Erwachen der Pädagogik aus 1899)

[F] In einem Online-Beitrag bei News4teachers vom 19.02.2024 kommentiert Prof. Heiner Barz u.a. ebenfalls die Kritik an diesem Text.

[G] Die Reform der Pädagogik - Praktische Ideen und Hintergründe in systematischer Absicht. Band 2: Zur Pädagogik Maria Montessoris. Volker Ladenthin. LIT Verlag 2023. S. 147 (kursiv im Original)

[H] Auch ist der geschichtliche Kontext Ihrer Terminologie wichtig. So hat sie in frühen Werken von "Anormalen" bzw. "Monstern" geschrieben. Der erste Begriff war jedoch damals die gängige klinische Benennung von - wie wir heute sagen - Menschen mit Behinderungen; der zweite Begriff für Menschen mit schweren Missbildungen.

Sie wird ab und zu auch zitiert mit dem vermeintlich abfälligen Begriff "Parasiten" für die "Anormalen", also Menschen mit Behinderungen. Hierbei wird aus dem Buch Pädagogische Anthropologie von 1910 (Maria Montessori Gesammelte Werke, Band 2/2, Verlag Herder. 2019) selektiv zitiert. Im Original heißt es an Seite 194:

„... Da also die Schwachen ein Lebensrecht haben, kommt es dazu, dass alle diejenigen von ihnen, die natürlicherweise überleben, als Parasiten das soziale Gefüge der normalen Menschen belasten und ein lebendes Bild physiologischen Elends bieten, den Anblick eines uns allerdings als Mahnung dienenden Elends, da solche Bilder eine Auswirkung sozialer Faktoren darstellen, die kollektive Irrtümer menschliche Moral sind.

Die Unkenntnis der Hygiene der Fortpflanzung, Krankheiten, die mit Lastern und der Verantwortungslosigkeit der Menschen verbunden sind, etwa Syphilis, andere Krankheiten wie Tuberkulose, Malaria und Pellagra – unbestrittene Geißeln unter den Völkern – das sind Realitäten, die das soziale Gefüge auflösen und sich spürbar bemerkbar machen durch ihr verhängnisvolles Ergebnis: die Geburt von schwachen Individuen. Die unschuldigen Resultate solcher Ursachen zu vergessen, wie wir die Ursachen selbst vergessen, das würde bedeuten, Gefahr zu laufen, in einen Abgrund des Verderbens zu stürzen. ...“

Quellenhinweise

Aus: Maria Montessori, Grundgedanken der Montessori-Pädagogik, Hg. Harald Ludwig

© 2022 Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Kursivsetzungen sind im Original.

Häufig gestellte Fragen

Auf unserer FAQ-Seite finden Sie Antworten auf viele Fragen zur Montessori-Pädagogik und zu Montessori Deutschland. Hier haben wir einige Antworten auf kritische Fragen zur Person Maria Montessori zusammengestellt:

War Maria Montessori eine Rassistin?

Maria Montessori hat sich in späten Jahren eindeutig gegen Rassismus geäußert, so im Jahre 1948*:

„Die Zeit ist vorbei, da irgendwelche Rassen oder Nationen zivilisiert sein können und andere dabei in Knechtschaft und Unwissenheit belassen. Das Beharren auf diesen überholten Vorstellungen kann nur zu weiteren Kriegen und zur Selbstzerstörung führen."

Aus den Vorlesungsaufzeichnungen von 1906-1907, aus denen ihr Frühwerk Pädagogische Anthropologie** (1910) entstand, ergibt sich jedoch, dass Montessori zu dieser Zeit das damalige Klassendenken, den vorherrschenden Rassismus und fragwürdige anthropologische Theorien nicht hinterfragte. Sie hat als Universitätsdozentin den damaligen Forschungsstand weitgehend unkritisch wiedergegeben. Auch bilden die "Angst vor Degeneration" und die Suche nach Lösungen zur "Regeneration" der Bevölkerung im Buch einen roten Faden.

Was Montessori aber bereits damals kritisch hinterfragt hat, war der Umgang mit Menschen mit Behinderungen, was aus ihrem beruflichen Hintergrund deutlicher war - ebenso vehement hinterfragte sie die damalige Stellung der Frau.

Umfassende Informationen gibt es auf unserer Website hier.

 * Montessori, Maria: Kosmische Erziehung, Kleine Schriften 1, Verlag Herder. Freiburg 1988, S.108

** Montessori, Maria: Pädagogische Anthropologie, Band 2/2, Maria Montessori Gesammelte Werke, Hg. Harald Ludwig, Verlag Herder. Freiburg 2019

War Maria Montessori eine Eugenik-Anhängerin?

In Europa tobte um 1900 eine Diskussion darüber, wie auf die zunehmenden sozialen Probleme reagiert werden solle, die sich aus den Folgen der Industrialisierung, dem Bevölkerungswachstum, der sozialen Wohlfahrt der gesamten Bevölkerung usw. ergaben.

Ein Diskussionsstrang war die „Angst vor der Degeneration“, die Francis Galton 1883 dazu gebracht hatte, mit der Wortschöpfung "Eugenik" Strategien zur aktiven Verbesserung der genetischen Zusammensetzung der Bevölkerung zur Diskussion zu stellen. Diese fand insbesondere in medizinischen und wissenschaftlichen Kreisen, in denen Montessori 1896 Ärztin wurde und arbeitete, statt. 

Montessori sah die oben genannten Probleme, kam aber auf andere Lösungsansätze, nämlich die von ihr propagierten erzieherischen Mittel. Diese hielt sie für essenziell, um eine Besserung zum Wohle der Frauen, der Kinder und damit der gesamten Bevölkerung herbeizuführen. 

1915 äußerte sie sich bei einem Vortrag dahingehend zur Eugenik, dass deren Erkenntnisse nur in einer weiten Auslegung hilfreich wären, und fuhr fort:

„... und ich halte es, obwohl die Eugenik die Erlösung für die Menschheit zu sein scheint, für einen großen Irrtum [Irrglauben], so zu denken ...“ (Kalifornische Vorträge Nr. 7, S. 127, Maria Montessori Gesammelte Werke Band 5)

Umfassende Informationen gibt es auf unserer Website hier.

Hat Montessori nach dem zweiten Weltkrieg ein „Ministerium für die menschliche Rasse“ gefordert?

Nein. Maria Montessori hat nie mit rassistischem Unterton ein solches Ministerium gefordert.

Sowohl in den dreißiger Jahren als auch nach dem Krieg hat sie, in verschiedenen Formulierungen, ein Ministerium für die menschliche Entwicklung gefordert. Dessen Anliegen wäre es (so Prof. Harald Ludwig in der Einleitung zum Text*), "für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bessere gesellschaftliche Bedingungen zu schaffen, um den kommenden Generationen ein höheres gesamtmenschliches Lebensniveau zu ermöglichen".

* Ministerium für die Menschliche Entwicklung, In: Maria Montessori, Durch das Kind zu einer neuen Welt, Gesammelte Werke, Hg. Harald Ludwig, Verlag Herder. Freiburg i. Br. 2013

Wollte Maria Montessori „das perfekte Kind“?

Montessori verwendete diesen Begriff nicht. Bei Kindern kam es Montessori darauf an, dass sie ihr jeweiliges individuelles Potenzial ungehindert entfalten können.

Ihr Begriff dafür war "Normalisierung".

Umfassende Informationen gibt es auf unserer Website hier.

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